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“Regentonnenvariationen”-Walkthrough mit Martin Jankowski

Martin Jankowski (geb. 1965 in Greifswald), Berliner Dichter und Schriftsteller, der in den 80ern als Sänger zur oppositionellen Leipziger Szene gehörte und von der Stasi mit „Zersetzungsmaßnahmen“ bedacht wurde. Nach 1989 veröffentlichte er zahlreiche Songs, Gedichtbände, Kurzerzählungen, Essaybände, Literaturkritik, Sachbücher und einen Wende-Roman. Jankowski lebt seit 1995 in Berlin, ist regelmäßig bei internationalen Festivals und Universitäten zu Gast, kuratiert internationale Kulturprojekte, leitet die Berliner Literarische Aktion e.V. und ist langjähriger Gastgeber literarischer Salons. Zuletzt gab er die Lyrikanthologie „Nachtbus nach Mitte“ (vbb 2016) heraus, in der neben Erstveröffentlichungen renommierter Lyriker auch Gedichte Jan Wagners enthalten sind. (www.martin-jankowski.de)


DA
Der Giersch hat was von einem Nasobēm-Gruselpendant.

MJ
Ein Nasobēm würd ich nicht essen, frischer Giersch hingegen = vorzüglich! Giersch hat zudem den Vorzug, von Frühjahr bis Herbst jedermann zugänglich zu sein. (Nasobēme werden seltener gesichtet. Sind aber auch okay.)

DA
Darf man die Lingua franca der Pferde als Hübrr bezeichnen?

MJ
Keineswegs, es ist die Lingua franca der Kutscher. Pferde sind jedoch intelligent genug, sie zu verstehen.

DA
Wenn der Mütter Motoren losbrüllen wie Pralinen, hüpfen Rohlinge (wenig überraschend) von der Reling?

MJ
Sie waren wohl noch nie auf einer Familienkreuzfahrt? (Keine Frau, keine Kinder, he?)

DA
Was kostet eine lichtgepanzerte Forelle, wenn man als Lichtquelle die eigenen Augen nutzt?

MJ
Die Augen sind ein lichtschlürfender Schlund, gierig und ungepanzert.

DA
Espresso : Kaffee = Esel : ?

MJ
Esel sind belebende Ruhepunkte. V!

DA
Weiß man mittlerweile mehr über Annas Scharte?

MJ
Das geht Sie gar nichts an.

DA
Und was ist eigentlich aus Ninas Brüsten geworden?

MJ
Weiß ich, sag es aber nicht.

DA
Wäre es erstrebenswert, aus Zeitungen mittels hochmoderner Extraktionsverfahren nicht zuletzt auch Zeit herauszulösen?

MJ
Wozu? Zeit gehört in die Zeitung, belassen wir sie dort. (Ich persönlich habe die Zeit sogar abonniert. Ansonsten komme ich gut ohne aus.)

DA
Wie sind die Blindheitsgrade verschiedener Gemüsesorten?

MJ
Schwarzaugenbohnen sehen relativ gut. (Sind sie uns deshalb so suspekt?)

DA
Wie lange muss ein durchschnittlich begabter Maulwurf graben, um Urgroßvater über Tage zu befördern? Wie ändert sich die Grabdauer bei Hinzufügen weiterer „Ur“-Präfixe?

MJ
Großvater lebt halt noch. Und Urur liegt im Maulwurfmuseum. (Leider interessiere ich mich mehr für Maulwürfe als für Museen.) Unser Maulwurf jedenfalls hält mich auf Trab, er gräbt erschreckend schnell.

DA
Was ist von „zerschweben“ zu halten?

MJ
Im Gegensatz zum Zerlaufen ist es leichtgewichtiger.

DA
Was ist der Unterschied zwischen Assel und Stein – wenn man mal ganz ehrlich ist?

MJ
Nehmen Sie eine Assel in die eine, einen Stein in die andere Hand und schließen Sie sie für eine Minute, dann wissen Sie’s. (Es genügt auch, es sich vorzustellen.)

DA
Wie lange muss etwas (Hühnerstall, Regenmantel, Seefahrer) am Nagel hängen, um als geschmissenes Handtuch durchzugehen?

MJ
Sagen Sie doch einfach, dass Sie Ihre eigenen Handtücher schöner finden und hier eigentlich der Hammer sind.

DA
Greisenschmatzen.

MJ
Wunderbar! Meine Kaugeräusche, nachdem ich Sie gebraten habe.

DA
Was bedeutet „Die Kirche im Torf lassen“?

MJ
Fragen Sie den Maulwurfsurgroßvater!

DA
Wenn man „begegne“ wie „Champagner“ ausspricht, dann, tja, was dann?

MJ
Dann ist man ein Möchtergernfranzose, der es nicht besser weiß. Ganz schlimm!

DA
Es tickt die Zeit, das Insekt, der Staub … wer von ihnen tickt nicht ganz richtig?

MJ
Was wollen Sie uns hier eigentlich verticken?

DA
Yak the Ripper, Yake wie Hose, zu allem Yak und Amen sagen, Yak Vashem …

MJ
Yes, Yeti. Und Pfingsten sind die Geschenke am geringsten! (Auf einem Teich in Indien kann man sie vielleicht findien.)

DA
Friseure, die sich selbst die Haare schneiden. Ärzte, die sich selber verarzten. Kinder, die Kinder kriegen – ja ist denn die Welt komplett __________ geworden?

MJ
Friseure, die sich selbst die Haare schneiden. Ärzte, die sich selber verarzten. Kinder, die Kinder kriegen – ja ist denn die Welt komplett GIERSCH! geworden?


Bildquelle: © Berliner Literarische Aktion

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