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Das letzte Schnitzel

Von Fabian Richardt.

Da liege ich nun. Eingepackt in einem Toppits Gefrierbeutel und eine blassgelbe Tupperdose ganz hinten im Eisfach von Bernd, der seit neuestem Veganer ist. Das macht mich dann wohl zum letzten meiner Art. Noch dazu in einer zutiefst lebensfeindlichen Umgebung und in höchst unwillkommener Gesellschaft.

Auf mir liegt eine Tiefkühlpizza von Dr. Oetker, Marke „Ristorante“, Geschmacksrichtung „Spinat“. Neben mir eine von diesen gelben Überraschungsei-Hüllen, die aussehen wie tote Minions. In dieser Hülle wird Petersilie eingefroren. Kein Scherz. Petersilie! Und das neben mir, dem größten, saftigsten und leckersten Schnitzel, das jemals aus Schwein Nummer 7734 von Meiers-Bio-Mast-Hof in Borgentreich, Ortsteil Körbecke, herausgeschnitten wurde.

Es kommt mir vor, als wäre es erst gestern gewesen, als Bernd mich und 5 meiner Kameraden im Rewe um die Ecke kaufte, dabei ist es schon 4 Tage her. Er hatte ein paar Arbeitskollegen zum Essen eingeladen und weil seine Kochkünste eher bescheiden sind, hatte er sich für Schnitzel und Rösti entschieden. Die dreieckigen. Man will ja nicht gewöhnlich wirken.

Ihr könnt euch gar nicht vorstellen, wie geil sich das anfühlte, als Bernd mich erst mit seinem Hammer bearbeitete und mich anschließend in Mehl, Ei und Semmelbröseln wälzte. Wenn ich einen Penis hätte, hätte ich bestimmt ejakuliert. Wäre wahrscheinlich noch nicht mal aufgefallen.

Aber ein Schnitzel hat leider keinen Penis. Ich habe noch nicht einmal Knorpel oder eine Sehne. Abgesehen von dem Penis bin ich perfekt.

Ich brauche auch keinen Knochen, wie diese Snobs von Kotelettes. Nehmt ihnen den weg und sie sind auch nur Schnitzel. Aber sagt man ihnen das, gilt man gleich als Fleischist.

Zurück zum Thema.

Trotz seiner spärlichen Kochkünste schaffte Bernd es, die Rösti ohne Zuhilfenahme des Feuerlöschers aus dem Ofen zu bekommen und nur einen meiner Kameraden etwas schwarz werden zu lassen. Gut, dass so ein Schnitzel 2 Seiten hat, da fällt das nicht weiter auf.

Pünktlich um 7 kamen auch die Kollegen von Bernd. Zuerst Moritz, der kleine Schüchterne aus der Finanzbuchhaltung, der später am Abend einen versauten Witz nach dem anderen raushaute. Dabei hatte der nur ein Radler getrunken. Alkoholfrei.

Dann kam Mike, der Prahlhans aus dem Archiv, der seine neueste Errungenschaft, ein Silikon-Botox-Wasserstoff-Archiv dabei hatte, die später mit Moritz auf der Toilette verschwand. Wahrscheinlich um einen seiner Witze nachzustellen.

Mike bekam davon allerdings nichts mehr mit, weil er sich einen „Bier und ‘n Appelkorn“-Wettstreit mit Harry, dem Hausmeister von Bernds Firma, geliefert hatte. Sieger war übrigens Mike mit einem vollgekotzten Teller Vorsprung.

Und so war niemand zur Stelle um Bernd abzulenken. Und zwar von Gaby, der Sekretärin vom Abteilungsleiter Schultze und, ganz nebenbei, Hardcore Veganerin.

Unter ihrer Aufsicht nahm Herr Schultze nur noch Tofu-Müsli und Leinsamen zu sich. Nach Feierabend war der aber Stammgast im Restaurant „Zur goldenen Möwe“, wo er sich immer das bestellte, was dort intern als „Schultze-Spezial“ bekannt war: 2 Big Mac, einen McRib, einen 9er Chicken McNuggets und eine kleine Cola light. Schließlich will man ja auf die Linie achten.

Woher ich das weiß? Andere Teile von Schwein Nummer 7734 wurden zu Patties für diese Fast Food Kette verarbeitet. Wir sind in Kontakt geblieben. Egal.

Diese Veganerin redete also den ganzen Abend auf Bernd ein (nachdem sie sich über mich und meine Kameraden auf Heftigste beklagt hatte) und dem fiel natürlich nichts Besseres ein, als ein Bier nach dem anderen zu trinken und ihr mehr und mehr zuzustimmen.

Am Ende sind die Beiden dann auch im Bett gelandet. Und ich hier.

Aber eins muss man der Alten lassen: Für eine Veganerin schien ihr Bernds Stück Fleisch verdammt viel Freude bereitet zu haben.

Bildquelle: (c) DA

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