Von Heike Wolff.
morgens der Blick in die Zeitung
tagsüber News im Facebookstream
abends Tagesschau
jeden Tag die gleiche Erkenntnis
ich lebe auf einem unmöglichen Planeten
einem Planeten der Habenichtse
die Woche im Zeitraffer:
Istanbul, Bangladesch, Bagdad
Bilder wie aus Hollywood
weit weg
Mitgefühl von Furcht verdrängt
Furcht in heiler Welt ersäuft
geschützte Männer tun, was sie wollen
ohne Rückgrat, ohne Verstand
finden im Volk leichte Beute
schaffen eine Welt in Angst
ewiger Friede als Illusion
kein Fußfall, keine Kerze, die brennt
eine einst unberührte Welt verfällt
steuert auf den geistigen Blackout zu
keine Antwort auf die Frage nach dem Leben
dem Universum und dem ganzen Rest
ich bin ein Kind der Zeit, doch ausgebrannt
Fremde in einer fremden Welt
die letzte meiner Art
spiel‘ das große Spiel mit
drehe mich im Kreis der Welt
es stirbt in mir
weiß nicht, wer den Fährmann bezahlt
wenn hier Endstation ist
die totale Erinnerung verdrängt
die Gedanken des Bösen
liege im Gras bis zum Einbruch der Nacht
suche im Wolkenatlas den Weg
die linke Hand der Dunkelheit
verwirbelt die Farben der Nacht
der heiße Himmel um Mitternacht hält mich wach
verwehrt mir ewigen Schlaf
fallen mir endlich die Augen zu
träume ich wie Androiden von elektrischen Schafen
hilft denn das Wägen von Luft
den siebenstufigen Berg zu erklimmen?
hilft das Warten auf den verlorenen Sohn
der mit dem Hammer Gottes den Wahnsinn zerschlägt?
obwohl nur ein Splitter im Auge Gottes
werde ich zum Wächter der Nacht und des Morgens:
erhebe mich, sehe ein fernes Licht
gehe Schritt für Schritt in den neuen Tag
leiste meine Vorübungen für ein Wunder
blicke windwärts – bis der Wind sich dreht
* Dieser Text ist aus 42 Buchtiteln geboren, die in meinem Bücherregal zu finden sind.
Bildquelle: (c) DA