Von Mia Kabelka.
Es gab einmal eine Zeit, da herrschte noch Frieden auf der Erde, zwischen allen Lebewesen, Menschen und den Naturgewalten.
Hand in Hand
Du und ich
Gemeinsame Schritte
Kleine Schritte
Keine Schritte
Stillstand
Mein Weg
Dein Weg
Und doch
Hand in Hand
„Da muss ich nicht bei Sinnen gewesen sein, mich auf so eine Rolle einzulassen.“
Regen und Sonne trafen sich immer am längsten Breitengrad. In Erdennähe. Obwohl sie nicht gegensätzlicher sein konnten, so waren sie doch voneinander verzaubert.
Die tiefe Liebe deines Herzens
Die warmen Hände von dir
Deine geheimnisvollen Augen
Die mich in deinen Bann ziehen
Vereinen unsere Körper
Zu einem rauschenden Fest
„Eine geliehene Mama, ein Vater, so unscheinbar und hilflos, immer krank, dass nur ein Wort, Vater, übrigblieb.“
Immer, wenn sie sich an diesem besagten Breitengrad trafen, und das kam oft vor, verschmolzen die Sonne und der Regen so intensiv miteinander, dass sie den prächtigsten, den farbigsten, den größten Regenbogen zauberten, der die ganze Erde in den Glanz ihrer Liebe eintauchte.
Geburt
Der Anfang allen Lebens
Wo kam ich her
Wo geh ich hin
Mutter, wo bist du
Grelles Licht blendet meine Augen
Es ist kalt, ich bin allein
„Na ja, das Licht war gleißend, als ich endlich nach einem Kampf mit Schmerz, Warten und immer wieder Zurückgehalten-Werden raus durfte und die Erlaubnis bekam, selber zu atmen.“
Als ich geboren wurde
War ich allein
Soviel Gleise
Wie soll ich da
Finden den
Richtigen Zug
Die Engel
Haben mich
Verlassen
Keiner da. „Wo bist du? Warum spüre ich keine Wärme, keinen Trost, warum bekomme ich keine Begrüßung? Keine Hände, die mich halten, keine Brust, die mich beschützt?“
Es war das schönste Liebesspiel, das sie sich gegenseitig sowie allen Menschen und Lebewesen, schenkten. Immer, wenn sie zusammenkamen und die Sonne mit ihren wärmenden Strahlen genüsslich einen Regentropfen nach dem anderen leckte und trank, stiegen ihre gemeinsamen sieben Kinder in den schönsten Kleidern auf und nahmen ihren Platz ein, in dem Regenbogen der Liebe.
Tanze den
Tanz der Freude
Liebe dich
Ganz
Und du bist
Heil
Genieße
Das Leben hat
Dich gerufen
Und du
Entdeckst die
Geschenke
„Ich war schon ein niedliches Seelen-Baby. Rund und proper. Meine Seelen-Mama, hier in diesem irdischen Leben, hatte die Angewohnheit, mir schöne Kleidchen zu nähen. Das tat sie auch für andere, wie gesagt, sie sollte ja Geld verdienen. Sie zog mir diese Kleidchen an, setzte mich dann irgendwo hin, und mein Seelen-Papa durfte ein Foto machen. Das war ja noch ganz süß, da gab es keinen Schmerz, kein Drama für mich.“
Ja, man kann sagen, zu diesem Zeitpunkt war die Welt noch in Ordnung, alle Menschen und Lebewesen der Erde lebten geschützt und gesättigt in ihrem gemeinsamen Paradies.
Die Farben des Lebens
Sind die Farben der Natur
Eine ewige Wiederholung
Das ist das Leben
Das ist Natur
Nicht mehr
Und
Nicht weniger
Schaue auf die Farben der Natur
Das Leben kommt zu dir
„Wir lebten damals in einer kleinen Wohnung, der liebste Spielplatz war für mich der Kohleofen, die Nähmaschine meiner Mama und die Straße.“
So wunderte es auch nicht, dass irgendwann bei einigen Menschen und Lebewesen Neid aufkam, wenn sie das Liebeslied von Sonne und Regen hörten, das der Wind stets in die entferntesten Winkel der Erde trug, um sie glücklich zu machen. Mit der Zeit der Erdenleben veränderten sich die Menschen und Lebewesen. Es war so, als hätte sich ein erstickter Schrei nach Macht, Gewalt, Herrschertum, den Weg auf die Erde gebahnt. Man kann heute nicht mehr sagen, wer von ihnen diesen Schrei freigesetzt und dafür gesorgt hatte, dass er die Herzen aller verdunkelte.
Zerrissenheit
Wie kann ich dich lieben
Oben und unten
Rechts und links
Innen und außen
Du beginnst, mich zu teilen
Und
Ich löse mich auf
Ich beginne zu schreien
Der Schmerz ist so groß
Verstehen
Ist das die Wahrheit
Ist das das Leben
Oder nur
Ein kleiner Funke
Mitten in einer
Tiefen dunklen Nacht
„Na ja, ich stand schon immer auf Schauspiel, gepaart mit einer gewissen Dummheit und Naivität, ganz so wie es mein Vertrag vorgesehen hatte, ich musste doch meiner Rolle gerecht werden und ich sage dir, die Geschäftsbedingungen sind lang, voller Klauseln.“
Etwas war aus dem Gleichgewicht geraten und die Erde tat sich schwer mit dem Ausgleich der Gegensätze. Das Böse war viel zu stark geworden.
Allein
Immer wieder allein
Die Wucht des Augenblicks
Ich falle
Der Abgrund ist tief
„Tolle Mutter, war schon ganz in ihrer Rolle und ich, ich fühlte mich allein. Worauf hatte ich mich da nur eingelassen und was soll das ganze Spiel mit der Ewigkeit? Dann doch besser Russisch-Roulette und du hast es irgendwann hinter dir, aber dafür ist die Ewigkeit zu stark.“
Das Dunkle in dem Herzen der Menschen und Lebewesen war schon so groß geworden, dass sie hergingen und die Farben der Sonnen-Regen-Kinder, die in den Regenbogen tropften, raubten.
Dunkelheit
Immer wieder Dunkelheit
Ich höre den Schrei
Erstickt, nach Befreiung rufend
Aber da ist
Die Qual, die ewige Qual
„Alles wunderbare und mitfühlende Familienmitglieder. Du musst dir das vielleicht so vorstellen, sie brauchen mich ja auch, für ihre Rollen und ich, ich habe einen Vertrag.“
Sie achteten dabei nicht auf die Schreie der Kinder. Der Neid und der Hass über das Verständnis von vollkommener Liebe war mittlerweile so groß geworden, dass das Herz vieler Erdenbewohner schwarz und hart wurde.
Verletzt
Und ich bin alleine
Ich schreie ins All
Das Echo ist so fern
Ein Komet zertrümmert
Mein Herz
Ich blute
Wie lange noch
„Aber zum Glück gibt es da ja noch meine himmlische Mutter, sie ist ein Engel. Und meine Oma, sie passt von oben auf mich auf. Es gibt auch einen Engel auf Erden. Rosi ist so einer. Am liebsten würde ich sie zu mir nach Hause holen und einsperren, damit sie mich immer streichelt, wenn ich es brauche. Und ich brauche ‘ne Menge davon, kann ich dir sagen.“
Es kamen immer mehr Menschen und Lebewesen dorthin, um die Farben für sich zu beanspruchen, sie zu versklaven. Der Regenbogen wurde mit der Zeit immer blasser, das gemeinsame Liebeslied wurde immer trauriger und schwächer. Die Sonne und der Regen wussten, dass etwas Furchtbares mit der Erde und ihren Bewohnern passieren würde, wenn sie sich weiterhin für ihren Liebestanz an besagtem Breitengrad treffen.
Gefangen
Die Gefangenheit des Augenblicks
Ist die Identifizierung mit dem Gedanken
Gedanken zerfressen den Körper
Und nehmen dir das wahre Gefühl
„Kennst du den Unterschied zwischen Gott und Strafe? Ich sag ihn dir. Erst kam das Kloppen und dann die Bibelstunde. Wichtig war die Reihenfolge. Gott sollte ja verzeihen.“
Traurig und klagend nahmen sie voneinander Abschied. Die Sonne vom Regen, der Regen von der Sonne. Es bedeutete auch, dass sie sich nicht mehr so nahe wie bisher sein durften , dass sie ihren Liebestanz so nicht mehr vollziehen konnten, dass sie sich so nicht mehr berühren durften, dass sie die Umarmung der Erde so nicht mehr fühlen durften.
Tod
Ich habe
Den Tod
Gesehen
Und
Das Leben
Wurde
klar
„Ich nahm gerne die Geschenke der Nichtachtung und Verurteilung an. Solange, bis die Träume kamen. Mitten in einer tiefen Nacht, wate ich durchs Meer. Fang. Fang schon an und beginn die Suche nach dem grellen Licht! Das war ein Schock … für mich … Jetzt hörte ich schon Stimmen. Aber alles ist ja ein Spiel.“
Die Sonne nahm ihren Platz hoch am Zenit ein und der Regen zog wie ein Vagabund mit den Wolken umher und nur noch selten, so die Überlieferung, konnten einige Lebewesen der Erde, die sich an das Liebesspiel der beiden in ihrem Herzen erinnerten, etwas wahrnehmen. Immer nur dann, wenn ein Regenbogen sein Rad hoch am Himmel schlug.
Wiedergeboren
Als ich begann zu sterben
Legten sich deine weichen Pfoten
Auf meine Wirbelsäule
Drangen tief in mich ein
Kraftvoll und beschützend
Wirbel für Wirbel
Kam das Leben zurück
Und richtete mich auf
Gott schickte einen Engel
„Es begann eine Zeit der Erinnerung daran, wer ich außerhalb meiner Rolle und des Dramas sein könnte, der Fragen über mich und der Suche nach meiner Aufgabe. Gibt es eine Aufgabe, meine Aufgabe?“
Doch einige wenige Menschen beginnen wieder Licht in das Dunkel ihrer Herzen zu bringen. Ich habe gehört, es werden täglich mehr. Und vielleicht wird es dann einmal Menschen und Lebewesen geben, die sich auf den Weg machen, zu den Schmerzen und dem Leid, das sie der Sonne und dem Regen zugefügt haben – um diese um Verzeihung zu bitten.
Tanze
Tanze in
Die Sonne
Und liebe
Deinen Schatten
Und alles
Kann beginnen
Neu
„Um das Licht im Schatten zu entdecken, musste ich mutig sein. Hab ihn wiedergefunden, meinen Weg, war nie weg, trotz dunkler Nacht, es lichtet sich der Augenblick in glanzvoller Erfahrung.“
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