[:en]Interview mit Autorin Katharina Bendixen.
Wie metafiktional müsste ein Text geartet sein, um die Bezeichnung Autor zu verdienen?
Ich denke ja lieber von den LeserInnen her, und die interessieren sich nicht so sehr für Metafiktionalität, die wollen sich lieber fallen lassen. Wenn die Metafiktionalität innerhalb dieses Fallenlassens aber funktioniert – wie zum Beispiel bei Ein Reisender in einer Winternacht –, dann bin ich immer sehr begeistert. Darin fühle ich mich als Leserin wohler, als wenn ich mich in den Text nur fallen lassen kann, mehr nicht – bei einem solchen Lektüreerlebnis werde ich als Leserin schnell skeptisch.
Was müssen Augen mitbringen, um als Doppelspion zu überzeugen?
Vielleicht sogar einen AutorInnenblick – was interessiert mich? Was interessiert die anderen? Und wie lässt sich das am besten miteinander verbinden, ohne auf beiden Seiten zu viele Zugeständnisse machen zu müssen?
Und wenn man Bier mit Biber verwechselt?
Wenn mir so etwas passiert, wünschte ich mir immer, ich könnte das irgendwie verwenden. Mein Weg zur Bibliothek, in der ich oft schreibe, führt mich an einem Möbelhaus vorbei, an dem mit großen Lettern prangt: Mit Gefühl einrichten. Ich lese jedes Mal: Mit Gefühl hinrichten. Aber jede Idee, wie ich das in einem Text verwenden könnte, erscheint mir ziemlich platt.
Wer oder was ist GELD?
GELD wird seltsamerweise in den letzten Jahren immer knapper – seltsamerweise aber nur in gesellschaftlichen Gruppen. Scheint ein rätselhaftes Ding zu sein, dieses Geld. Könnte man das mal irgendwie anders verteilen und dann schauen, ob es immer noch so viele Rätsel aufgibt?
Von wem wird man aktuell als Geisel gehalten?
Ich befürchte, von ebendiesem Geld. Oft fühlt es sich zumindest so an, selbst wenn man keine sonderlich hohen Ansprüche hat.
Wieso ändert mein Buch mit jedem Blättern sein Wesen, indem es von Seite 5 nach Seite 6 Fleischerei wird, von Seite 7 nach Seite 8 Wurst, von Seite 9 nach Seite 10 Muschelkäse usw.?
Innerhalb des Buches wäre das wahrscheinlich kompliziert. Aber wenn das von Buch zu Buch gelingt, finde ich das sehr bewundernswert. Manche AutorInnen können das, zum Beispiel Christoph Ransmayr, und zwar ohne dass dabei der Verdacht entsteht, dass sie irgendeinem Trend hinterherschreiben.
Was, wenn es physikalisch unmöglich wäre, etwas, was man gemacht/getan hat (Text, Holzstuhl, Sinn etc.), zu korrigieren, editieren, redigieren, lektorieren, revidieren usw.?
Diese Frage ist ja nicht einmal weit hergeholt, in einem gewissen Sinne war das ja bis vor kurzem so. Wer auf Schreibmaschinen schreibt, kann viel schlechter korrigieren, der muss viel weiter denken. Das haben wir wahrscheinlich verlernt. Oder die Schreibart hat sich verändert, ich zumindest schreibe oft ins Blaue, was natürlich ein großes Chaos ergibt, sodass ich dann unzählige Fassungen brauche, bis ich mich da sortiert und vor allem von den Ideen verabschiedet habe, die in diesem Text nicht funktionieren. Mit einer Schreibmaschine hätte das wohl nicht funktioniert.
Wen/was hofft ihr zu beeinflussen?
Beeinflussen ist vielleicht das falsche Wort – oder in dem Sinne, dass ein Nachdenken über bestimmte, als natürlich empfundene Zustände beginnt. Im derzeitigen Manuskript zum Beispiel über die Zwangsläufigkeit, mit der die immer umfassenderen Überwachungsmaßnahmen politisch begründet werden. Wenn ich das diskret hinbekomme und damit zumindest einige LeserInnen beeinflussen könnte, fände ich das schon sehr schön.
Existiert apolitische Kunst? Falls ja: Was ist für/gegen sie zu sagen?
Ich finde nicht, dass apolitische Kunst existiert. Jede Themenwahl, jede Schreibart, jede/r ProtagonistIn impliziert ein politisches Statement. Ich finde es eher schwierig, wenn AutorInnen sagen, dass sie nicht politisch schreiben. Gleichzeitig nervt es mich, wenn ein Text abgekanzelt wird mit den Worten: „Das ist zu politisch.“ Was bitte kann denn zu politisch sein? Und wenn der Text eine politische Botschaft transportieren will – so what? Immer noch interessanter als die politische Botschaft, die ich in einem Text über Partys oder den schmerzlichen Verlust der Eltern finde.
Bildquelle: (c) regentaucher.com
[:de]Interview mit Autorin Katharina Bendixen.
Wie metafiktional müsste ein Text geartet sein, um die Bezeichnung Autor zu verdienen?
Ich denke ja lieber von den LeserInnen her, und die interessieren sich nicht so sehr für Metafiktionalität, die wollen sich lieber fallen lassen. Wenn die Metafiktionalität innerhalb dieses Fallenlassens aber funktioniert – wie zum Beispiel bei Ein Reisender in einer Winternacht –, dann bin ich immer sehr begeistert. Darin fühle ich mich als Leserin wohler, als wenn ich mich in den Text nur fallen lassen kann, mehr nicht – bei einem solchen Lektüreerlebnis werde ich als Leserin schnell skeptisch.
Was müssen Augen mitbringen, um als Doppelspion zu überzeugen?
Vielleicht sogar einen AutorInnenblick – was interessiert mich? Was interessiert die anderen? Und wie lässt sich das am besten miteinander verbinden, ohne auf beiden Seiten zu viele Zugeständnisse machen zu müssen?
Und wenn man Bier mit Biber verwechselt?
Wenn mir so etwas passiert, wünschte ich mir immer, ich könnte das irgendwie verwenden. Mein Weg zur Bibliothek, in der ich oft schreibe, führt mich an einem Möbelhaus vorbei, an dem mit großen Lettern prangt: Mit Gefühl einrichten. Ich lese jedes Mal: Mit Gefühl hinrichten. Aber jede Idee, wie ich das in einem Text verwenden könnte, erscheint mir ziemlich platt.
Wer oder was ist GELD?
GELD wird seltsamerweise in den letzten Jahren immer knapper – seltsamerweise aber nur in gesellschaftlichen Gruppen. Scheint ein rätselhaftes Ding zu sein, dieses Geld. Könnte man das mal irgendwie anders verteilen und dann schauen, ob es immer noch so viele Rätsel aufgibt?
Von wem wird man aktuell als Geisel gehalten?
Ich befürchte, von ebendiesem Geld. Oft fühlt es sich zumindest so an, selbst wenn man keine sonderlich hohen Ansprüche hat.
Wieso ändert mein Buch mit jedem Blättern sein Wesen, indem es von Seite 5 nach Seite 6 Fleischerei wird, von Seite 7 nach Seite 8 Wurst, von Seite 9 nach Seite 10 Muschelkäse usw.?
Innerhalb des Buches wäre das wahrscheinlich kompliziert. Aber wenn das von Buch zu Buch gelingt, finde ich das sehr bewundernswert. Manche AutorInnen können das, zum Beispiel Christoph Ransmayr, und zwar ohne dass dabei der Verdacht entsteht, dass sie irgendeinem Trend hinterherschreiben.
Was, wenn es physikalisch unmöglich wäre, etwas, was man gemacht/getan hat (Text, Holzstuhl, Sinn etc.), zu korrigieren, editieren, redigieren, lektorieren, revidieren usw.?
Diese Frage ist ja nicht einmal weit hergeholt, in einem gewissen Sinne war das ja bis vor kurzem so. Wer auf Schreibmaschinen schreibt, kann viel schlechter korrigieren, der muss viel weiter denken. Das haben wir wahrscheinlich verlernt. Oder die Schreibart hat sich verändert, ich zumindest schreibe oft ins Blaue, was natürlich ein großes Chaos ergibt, sodass ich dann unzählige Fassungen brauche, bis ich mich da sortiert und vor allem von den Ideen verabschiedet habe, die in diesem Text nicht funktionieren. Mit einer Schreibmaschine hätte das wohl nicht funktioniert.
Wen/was hofft ihr zu beeinflussen?
Beeinflussen ist vielleicht das falsche Wort – oder in dem Sinne, dass ein Nachdenken über bestimmte, als natürlich empfundene Zustände beginnt. Im derzeitigen Manuskript zum Beispiel über die Zwangsläufigkeit, mit der die immer umfassenderen Überwachungsmaßnahmen politisch begründet werden. Wenn ich das diskret hinbekomme und damit zumindest einige LeserInnen beeinflussen könnte, fände ich das schon sehr schön.
Existiert apolitische Kunst? Falls ja: Was ist für/gegen sie zu sagen?
Ich finde nicht, dass apolitische Kunst existiert. Jede Themenwahl, jede Schreibart, jede/r ProtagonistIn impliziert ein politisches Statement. Ich finde es eher schwierig, wenn AutorInnen sagen, dass sie nicht politisch schreiben. Gleichzeitig nervt es mich, wenn ein Text abgekanzelt wird mit den Worten: „Das ist zu politisch.“ Was bitte kann denn zu politisch sein? Und wenn der Text eine politische Botschaft transportieren will – so what? Immer noch interessanter als die politische Botschaft, die ich in einem Text über Partys oder den schmerzlichen Verlust der Eltern finde.
Bildquelle: (c) regentaucher.com[:]