Von Simon Sailer.
Ein fucking Hirsch. Der Hirsch schleckte Matze in den Nacken.
Matze rann Geifer die Wirbelsäule hinunter und durchtränkte das Hemd im oberen Rückenbereich. Der Schaum roch nach verschimmeltem Magerjoghurt. Matze lag mitten am Weg, bäuchlings, sodass sein Körper eine Linie des Mittelstreifens bildete. Die Handflächen hatte er wie zum Kopfsprung überm Kopf gefaltet. Die gestreckten Beine presste er aneinander und zeigte mit den Fußspitzen zum Straßenrand. Weil auch die Fersen die Straße berührten, stachen ihm die Bänder in die Knieinnenseiten. Den eigentlichen Farbstreifen verdeckte sein Torso. Matze stellte sich vor, die Linie wäre auf die Bauchseite seines eigenen Körpers gepinselt, von den Eiern bis zur Kehle. Dann hätte trotzdem alles seine Richtigkeit, dann wäre alles beim Alten, zumindest solange er liegenbliebe, solange er sich nicht umdrehte, um den Hirsch zu verjagen.
Wenn jetzt ein Auto käme, dann flöhe der Hirsch in den Forst. Aber Matze bliebe einfach liegen, hätte gar keine Zeit mehr zu reagieren und der Wagen schösse entweder an ihm vorbei, oder rumpelte über seinen Leib wie über einen vom Sturm abgerissenen Ast. Möglicherweise wiche das Fahrzeug gerade so aus, dass die Reifen seinen Körper in zwei Hälften teilten und mit dem Blut und Eiter darin den Mittelstreifen nachzögen.
Der Hirsch hatte zu schlecken aufgehört, aber rührte sich nicht. Offenbar hatte ihn Matze falsch eingeschätzt.
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